Lesetipps

An dieser Stelle findet die geneigte Leserschaft dieser gelungenen Homepage in unregelmäßigen Abständen Lese- und eventuell Geschenktipps.

Buchempfehlung

 

Eierlikörtage. Der geheime Tagebuch des Hendrik Groen, 83 ¼ Jahre alt. Piper, 2016.

 

Willkommen in der Ü80-Welt, schon der erste Satz macht Spass:

„Auch im neuen Jahr habe ich für Senioren nichts übrig.“

Der das schreibt, ist Hendrik Groen, 83 Jahre alt, und nicht der Gesündeste. Er lebt im Heim, weiss also, wovon er spricht. Um sich abzulenken und die grauen Zellen nicht verkümmern zu lassen, beschliesst er, seine täglichen Erlebnisse aufzuschreiben.

Und da ihm das permanenten Gejammere und Sich-gehen-lassen vieler seiner Altersgenossen und -genossinnen auf die Nerven geht, findet Hendrik fünf Gleichgesinnte, die zusammen den „Alanito-Verein“ gründen. Ausserdem können sie im Team besser die wachsame Heimleiterin austricksen.

Der Name des Vereins ist Programm: Alt-aber-nicht-tot. Ein Mal pro Monat wird auf Vorschlag eines der Vereinsmitglieder ein Überraschungsausflug organisiert. So zeigen sie ihren neidischen Mitbewohnern, das man auch im Rollstuhl noch eine Menge unternehmen kann.

Und der unbekannte Autor beweist der werten Leserschaft, dass auch ein Leben mit Einschränkungen noch schöne Seiten haben kann, man muss nur aktiv werden und sich etwas zutrauen.

Wem das Buch gefallen hat – es ist übrigens in einer schönen großen Schrift gedruckt – empfehle ich auch die Fortsetzung:

Tanztee. Das neue geheime Tagebuch des Hendrik Groen, 85 Jahre. Piper, 2017.

Beide Titel gibt es auch als Ebooks in der Metropolbib.

 

Buchempfehlung

Liebe Leserinnen und Leser dieser Homepage,

haben Sie schon ein Buch von Toni Morrison gelesen?

Wenn nicht, wird es Zeit und ich stelle Ihnen hier den aktuellen Titel vor:

Toni Morrison: Gott, hilf dem Kind. Rowohlt 2017

Ein paar Fakten über die Autorin: geboren 1931 in Ohio, Professorin in Princeton für afro-amerikanische Literatur, 1993 Literaturnobelpreis.

Kurz der Inhalt: Sweetness bekommt eine Tochter, die so schwarz ist, das ihr Mann seine Vaterschaft bezweifelt und von dannen zieht. Sie erzieht das Kind streng und ohne viel Liebe, in der Annahme, dass es so besser mit den zu erwartenden Problemen aufgrund seiner Hautfarbe zurecht kommt. Aber Lula Ann, die sich als erwachsene Frau „Bride“ (Braut) nennen wird, macht das Beste aus ihrem Aussehen und wird eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Im Verlauf der Handlung wird sie von ihren Freund verlassen und macht sich auf die Suche nach ihm. Auch er schleppt ein Kindheitstrauma mit sich.

Erzählt wird die kurze Geschichte jeweils aus der Sicht der beteiligten Frauen.

Das Buch handelt in der Jetzt-Zeit, und es ist traurig, dass die lebenslangen Themen der Autorin: Rassendiskriminierung, Missbrauch und Lieblosigkeit, die sich durch ihr Werk ziehen, leider noch immer nicht an Aktualität eingebüßt haben.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Spätsommer und denken Sie daran, Ihre Bücher im örtlichen Buchhandel zu kaufen!

Dorothee Merzhäuser

September 2017

Buchtipp

Von den Freuden der Beständigkeit

Das ist mir auch noch nicht passiert: Ein Buch fertiggelesen (Ian McEwan), das nächste angefangen und schon auf der dritten Seite gedacht:

Was für ein schönes Buch! Das ist wieder was für eine Besprechung.

Obwohl ich auf dieser famosen Homepage eigentlich keine Bestseller vorstellen wollte, die Listen sind allen zugänglich, mache ich hier eine Ausnahme. Und es stehen manchmal auch Bücher auf den Listen, die das Lesen lohnen, wie zum Beispiel:

Alex Capus: Das Leben ist gut. Hanser, 2016

Der Inhalt ist schnell erzählt: Eine Woche im Leben von Max, Schriftsteller und nebenbei Barbesitzer in einer kleinen schweizerischen Stadt, glücklich verheiratet und Vater von drei halbwüchsigen Söhnen. Seine Frau hat eine Stelle an der Sorbonne angenommen und wird nur an den Wochenenden zuhause sein. Das Ehepaar ist zum ersten Mal getrennt.

Es passiert nicht viel auf diesen 240 Seiten. Genaue Beobachtungen des gewöhnlichen Lebens. Aber zu lesen, wie diese Alltäglichkeiten erzählt werden, ist ein Genuss.

Ein Buch über das, was wirklich wichtig ist: Freundschaft, Liebe, Zufriedenheit.

Nicht mehr und nicht weniger.

Der Autor, geboren 1961 in Frankreich, lebt seit vielen Jahren in Olten und betreibt dort neben seiner Schriftstellerei die Bar „Galicia“. Über der Theke hängt übrigens ein Stierkopf. Näheres unter

www.alexcapus.de und www.galiciabar.ch.

In der Stadtbücherei gibt es natürlich noch andere Titel des Autors, die Sie hören und als klassisches Buch oder EBook lesen können. Sie haben die Möglichkeit, einen vielseitigen Autor auf vielseitige Art zu entdecken!

Und bitte denken Sie daran, Ihre Bücher im örtlichen Buchhandel zu kaufen!

Dorothee Merzhäuser

April 2017

Buchempfehlung

Es gibt ja Autoren und Autorinnen, deren Bücher ich – nachdem ich zwei oder drei gelesen habe – unter dem Satz zusammenfasse:

Kennst du eins, kennst du alle.

Der Autor, den ich Ihnen heute ans Herz lege, gehört natürlich nicht dazu:

Ian McEwan: Nussschale. Diogenes 2016.

Ich erinnere mich gut an eine Episode zu Beginn meines Berufslebens, als ich zum ersten Mal ein „Leseexemplar“ in der Hand hielt. Sieht aus wie das „richtige Buch“ nur mit dem Vermerk „Leseexemplar“, dient als Vorinformation für Besprechungen o.ä. und durfte weder verkauft noch verliehen werden.

Das war 1981, das Buch hiess „Der Zementgarten“, der Autor war niemand anderes als Ian McEwan. Ich war fasziniert und ein bisschen neidisch, das jemand in meinem Alter so tolle Bücher schreiben konnte.

Genug der Sentimentalitäten, zurück zum Thema:

Erzählt wird die Geschichte von Trudy, ihrem Geliebten Claude, der Bruder ihres Exmannes John. Die beiden planen, John zu ermorden. Das alles wird erzählt von Trudys ungeborenem Kind.

Falls sie sich bei Shakespeare auskennen, wird ihnen die Handlung bekannt vorkommen: Claudius und Gertrude haben Gertrudes Ehemann, Hamlets Vater ermordet und Hamlet schwört Rache.

Dieser Fötus ist ein schlaues Kerlchen mit dem Wissen und Verständnis eines Erwachsenen, der alles mithört und sich deutlich mehr über den regelmässigen Weingenuss seiner Mutter als über die „Besuche“ seines Onkels freut. Hin und hergerissen zwischen der Liebe zu ihr und dem Hass, weil sie den Vater töten will. Verzweifelt über seine Hilflosigkeit. Bis zur naheliegenden Möglichkeit, aktiv in das Geschehen einzugreifen.

Ich verspreche Ihnen einen ungewöhnlichen Lesegenuss!

Sie finden weitere Bücher vom Autor in der Stadtbücherei, auch den eingangs erwähnten „Zementgarten“.

Und nicht vergessen: Bücher im örtlichen Buchhandel kaufen!

Dorothee Merzhäuser

März 2017

Buchempfehlung

Hallo liebe Lesende,

der Sommer ist zu Ende, die Zeit der Bestseller im Liegestuhl ist vorbei. Jetzt wird wieder was Ordentliches gelesen, das ich Ihnen auch empfehlen kann und möchte.

Ich habe eine -für mich- neue und großartige Autorin entdeckt und muss meine Begeisterung unbedingt weitergeben:

Lena Gorelik. Null bis unendlich. Rowohlt 2015

„Ein berührender Roman über Freundschaft, Liebe und Abschied“.

So steht es auf dem Waschzettel und genau so ist es.

Da treffen sich zwei 14-Jährige Aussenseiter in der Schule, Nils Liebe, Mathegenie, aber  sonst eher komisch, und Sanela, verwaistes Kriegskind aus dem ehemaligen Jugoslawien, das erst deutsch lernen muss. Es entsteht ein – zunächst wortloses –  intuitives Verstehen zwischen zwei verwandten Seelen.

Deswegen zögert Nils auch nicht lange, als Sanela ihn fragt, ob er sie auf der Suche nach dem Grab ihres Vater begleitet. Es grenzt an ein Wunder, dass sie dieses gefahrvolle Abenteuer, natürlich erfolglos, aber immerhin unbeschadet überleben.

Wieder zu hause, unterbinden die Erwachsenen jeden Kontakt zwischen den beiden.

Erst nach 22 Jahren wird Nils, inzwischen arrivierter Journalist, einen Brief von Sanela erhalten. Sofort beginnt eine intensive, komplizierte Beziehung. Nils Liebe, der Einzelgänger, muss sich auch an das Zusammenleben mit Sanelas kleinem Sohn, Niels-Tito gewöhnen, dessen Lieblingszahl die 11 ist und der auch sonst ein sehr eigenwilliges Kind ist.

Und Sanela ist krank.

Das alles ist nichts für Sensibelchen, denn es wird viel gestorben und das Ende ist nicht „happy“ im herkömmlichen Sinne.

Die Autorin, die als 11-Jährige 1992 aus St. Petersburg nach Deutschland kam, schreibt in Deutsch. Besonders zu Beginn des Buches kreiert sie wunderbare Wortschöpfungen, die sie der deutschlernenden Sanela in den Mund legt.

Wenn Ihren das Buch gefallen hat, machen Sie es wie ich und lesen auch noch die anderen Bücher der Autorin.

Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Herbst und vergessen Sie nicht, Ihre Bücher im regionalen Buchhandel zu kaufen.

Dorothee Merzhäuser

Oktober 2016

 

Buch- und Kinoempfehlung

Diesmal muss ich mich mit meinen Tipp beeilen, damit Sie die Möglichkeit haben, nicht nur das Buch zu lesen, sondern sich auch im Luxkino die Verfilmung anzuschauen, die aktuell dort läuft.

Meine heutige Empfehlung:

Fredrik Backman: Ein Mann namens Ove. Fischer 2014.

Dieser Ove ist auf den ersten Blick ein echtes Ekel, der zählt nicht nur die Erbsen sondern sortiert sie auch noch. Und da er zutiefst unglücklich ist, das Leben hat ihm übel mitgespielt, will er sich umbringen.

Das misslingt gründlich, weil ihm mehrfach die neu zugezogene Nachbarin dazwischenfunkt. Mit ihrer fröhlichen Art scheint sie mühelos alle Probleme des Lebens zu meistern und bildet so den Gegenpol zu Ove. Im Verlauf der Handlung ist es hauptsächlich ihr Verdienst, die verschütteten guten Seiten des alten Griesgrams wieder hervorzuholen.

Im Film wird Ove großartig verkörpert von Rolf Lassgard. Fans der Mankell-Fernsehfilme kennen ihn als den ersten (und nach meiner persönlichen Meinung besten) Darsteller des Kommissars Wallander. Natürlich ist das Buch wie (fast) immer besser als der Film, trotzdem lohnt sich der Kinobesuch.

Auch wenn Sie Audi oder BMW fahren!!

Falls es mit dem Kino nicht klappt, leihen Sie sich das Buch in der Stadtbücherei aus.

Und bitte nicht vergessen: Bücher im örtlichen Buchhandel kaufen!

Dorothee Merzhäuser

April 2016